Atmungsaktive Wohnräume gestalten
Ein gesundes Raumklima entsteht nicht allein durch regelmäßiges Lüften oder den Einsatz von Luftreinigern. Die Basis für ein ausgewogenes Wohnklima bilden die verwendeten Baumaterialien und Wandbeschichtungen. Atmungsaktive Wohnräume tragen entscheidend zu unserem Wohlbefinden bei und können zahlreiche Raumklima-Probleme wie Schimmelbildung oder zu trockene Luft von vornherein verhindern.
Warum atmungsaktive Wohnräume so wichtig sind
Wir verbringen durchschnittlich 80-90% unserer Zeit in Innenräumen. Die Qualität der uns umgebenden Luft hat daher enormen Einfluss auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden. Atmungsaktive Wände und Materialien können Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben – sie „atmen“ im übertragenen Sinne mit dem Raum. Dies schafft ein natürliches Gleichgewicht im Feuchtigkeitshaushalt unserer Wohnräume.
Die Vorteile atmungsaktiver Wohnräume sind vielfältig:
- Natürliche Regulierung der Luftfeuchtigkeit
- Reduzierung von Schimmelrisiken
- Verbesserung der Luftqualität
- Abbau von Schadstoffen in der Raumluft
- Angenehmes Raumgefühl durch ausgeglichenes Klima
Im Gegensatz dazu führen nicht-atmungsaktive Materialien wie bestimmte Kunststofftapeten, Vinyl-Bodenbeläge oder dampfdichte Anstriche zu einem unnatürlichen Raumklima. Feuchtigkeit kann nicht entweichen, Schadstoffe reichern sich an, und im schlimmsten Fall bildet sich Schimmel hinter vermeintlich wasserdichten Oberflächen.
Die richtigen Materialien für atmungsaktive Wohnräume
Atmungsaktive Wandgestaltung
Die Wände sind die größten Flächen in unseren Wohnräumen und haben damit den größten Einfluss auf das Raumklima. Atmungsaktive Wandfarben und Putze sind daher besonders wichtig. Zu den besten Optionen gehören:
Kalkputz: Dieser traditionelle Baustoff ist hochgradig diffusionsoffen, alkalisch (wirkt daher antibakteriell) und kann große Mengen Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben. Kalkputz trägt aktiv zur Luftreinigung bei und schafft ein angenehmes Raumklima.
Lehmputz: Lehm ist ein Naturmaterial mit hervorragenden feuchtigkeitsregulierenden Eigenschaften. Es kann bis zu 90% mehr Feuchtigkeit aufnehmen als konventionelle Putze und gibt diese bei trockener Raumluft wieder ab. Zudem bindet Lehm Schadstoffe und neutralisiert Gerüche.
Silikatfarben: Diese mineralischen Farben verbinden sich chemisch mit dem Untergrund und bilden eine wasserdampfdurchlässige, aber wasserabweisende Oberfläche. Sie sind besonders langlebig und für Allergiker geeignet.
Kalkfarben: Ähnlich wie Kalkputz bieten auch Kalkfarben exzellente atmungsaktive Eigenschaften und wirken durch ihren hohen pH-Wert antibakteriell und schimmelvorbeugend.
Konventionelle Dispersionsfarben bilden dagegen oft einen Feuchtigkeitsfilm, der die Atmungsaktivität der Wände einschränkt. Wenn Sie solche Farben verwenden möchten, achten Sie auf Produkte, die explizit als diffusionsoffen gekennzeichnet sind.
Bodenbeläge für ein gesundes Raumklima
Auch die Wahl des richtigen Bodenbelags trägt wesentlich zu atmungsaktiven Wohnräumen bei. Naturmaterialien sind hier grundsätzlich die bessere Wahl:
Massivholzdielen aus heimischen Hölzern, idealerweise nur geölt oder gewachst, können Feuchtigkeit aufnehmen und abgeben. Sie sorgen für ein warmes Fußgefühl und tragen zur natürlichen Regulierung des Raumklimas bei. Wie Dr. Martin Auernhammer vom Institut für Baubiologie erklärt: „Ein Quadratmeter Massivholzboden kann bis zu 80 Gramm Wasser aufnehmen und später wieder abgeben – ein perfekter natürlicher Feuchtigkeitspuffer.“
Korkböden sind ebenfalls atmungsaktiv, dämmend und fußwarm. Als Naturmaterial bietet Kork zudem eine natürliche Elastizität, die gelenkschonend wirkt.
Linoleum, hergestellt aus Leinöl, Naturharzen und Korkmehl, ist nicht nur langlebig und pflegeleicht, sondern auch diffusionsoffen und antistatisch. Es eignet sich besonders für Allergiker.
Von Vinyl- und PVC-Böden sowie versiegelten Laminaten sollte in atmungsaktiven Wohnräumen eher abgesehen werden, da sie dampfdicht sind und zudem oft Weichmacher und andere problematische Chemikalien enthalten können.
Atmungsaktive Dämmstoffe für gesunde Wände
Die energetische Sanierung von Gebäuden darf nicht auf Kosten eines gesunden Raumklimas gehen. Atmungsaktive Dämmstoffe verbinden Energieeffizienz mit gesunden Wohnräumen:
Holzfaserdämmplatten bieten hervorragende Wärmedämmung bei gleichzeitig guten feuchtigkeitsregulierenden Eigenschaften. Sie verbessern zudem den Schallschutz und das sommerliche Wärmeverhalten.
Zellulosedämmung, hergestellt aus recyceltem Papier, ist besonders umweltfreundlich und diffusionsoffen. Sie kann Feuchtigkeit aufnehmen, ohne ihre Dämmwirkung zu verlieren.
Hanfdämmung vereint exzellente Dämmwerte mit Feuchtigkeitsregulierung und Schimmelresistenz. Der nachwachsende Rohstoff bietet zudem eine gute Ökobilanz.
Für eine wirklich nachhaltige und gesunde Bauweise sollten konventionelle Polystyrol-Dämmstoffe (Styropor) vermieden werden, da sie dampfdicht sind und die natürliche Atmungsaktivität der Wände behindern können.
Praktische Umsetzung für atmungsaktive Wohnräume
Um Ihre Wohnräume atmungsaktiver zu gestalten, müssen Sie nicht gleich komplett renovieren. Hier einige praktische Schritte, die Sie schrittweise umsetzen können:
Schritt 1: Analyse des Ist-Zustands
Prüfen Sie zunächst, welche Materialien in Ihren Wohnräumen verbaut sind und wo möglicherweise Probleme auftreten. Feuchte Stellen, Schimmelbildung oder Kondensation an Fenstern sind Anzeichen für ein gestörtes Raumklima. Feuchtigkeitsmessgeräte können helfen, Problemzonen zu identifizieren.
Wie der Artikel Das perfekte Raumklima für Zuhause beschreibt, ist ein gutes Verständnis der aktuellen Raumklima-Situation der erste Schritt zur Verbesserung.
Schritt 2: Renovierung mit atmungsaktiven Materialien
Bei der nächsten Renovierung sollten Sie bewusst auf atmungsaktive Materialien setzen:
– Entfernen Sie alte Tapeten, besonders vinylbeschichtete oder kunststoffhaltige Varianten
– Ersetzen Sie herkömmliche Wandfarben durch atmungsaktive Wandfarben
– Ziehen Sie bei der Bodenrenovierung Naturmaterialien in Betracht
– Prüfen Sie, ob feuchtigkeitsregulierende Putze wie Kalk- oder Lehmputz für Ihre Räume geeignet sind
Schritt 3: Ergänzende Maßnahmen für ein optimales Raumklima
Selbst die besten atmungsaktiven Materialien funktionieren nur in Kombination mit richtigem Nutzerverhalten:
– Regelmäßiges Stoßlüften bleibt wichtig, um Feuchtigkeit und Schadstoffe abzuführen
– Überwachen Sie die Luftfeuchtigkeit mit einem Hygrometer (ideal: 40-60%)
– Unterstützen Sie die natürliche Feuchtigkeitsregulierung durch luftreinigende Pflanzen
– Achten Sie bei Möbeln auf schadstoffarme Materialien und natürliche Oberflächenbehandlungen
In diesem Zusammenhang bietet der Artikel Gesundes Wohnklima durch optimale Feuchtigkeit wertvolle Ergänzungen zur Feuchtigkeitsregulierung in Wohnräumen.
Expertenmeinungen zu atmungsaktiven Wohnkonzepten
Die Bedeutung atmungsaktiver Wohnräume wird auch von Experten bestätigt. Prof. Dr. Claudia Hornberg, Umweltmedizinerin, betont: „Die Materialien, mit denen wir uns umgeben, haben direkten Einfluss auf unsere Gesundheit. Atmungsaktive, natürliche Baustoffe können nicht nur das Raumklima verbessern, sondern auch das Risiko von Atemwegserkrankungen und Allergien reduzieren.“
Baubiologin Sylvia Vandermeer ergänzt: „Atmungsaktive Wohnräume sind keine Modeerscheinung, sondern eine Rückbesinnung auf bewährtes Wissen. Unsere Vorfahren haben intuitiv richtig gebaut – mit Lehm, Kalk und Holz. Diese Materialien schaffen ein gesundes Gleichgewicht zwischen Mensch und Wohnraum.“
Fazit: Atmungsaktive Wohnräume als Investition in Gesundheit und Wohlbefinden
Die Gestaltung atmungsaktiver Wohnräume ist mehr als ein Trend – sie ist eine Investition in Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden. Durch die bewusste Auswahl natürlicher, diffusionsoffener Materialien schaffen Sie ein ausgewogenes Raumklima, das Feuchtigkeit reguliert, Schadstoffe reduziert und für ein angenehmes Wohngefühl sorgt.
Auch wenn die Umstellung auf vollständig atmungsaktive Wohnräume Zeit und möglicherweise Investitionen erfordert, können Sie schrittweise vorgehen. Jede Maßnahme – sei es der Wechsel zu einer Silikatfarbe, der Einsatz von Lehmputz oder die Wahl eines Massivholzbodens – bringt Sie dem Ziel eines gesünderen Wohnumfelds näher.
Ihr Zuhause sollte nicht nur schön aussehen, sondern auch gut „atmen“ können – für ein Raumklima, in dem Sie aufatmen und sich wohlfühlen können.